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Künstliche Intelligenz als Turbo für den Finanzsektor

Künstliche Intelligenz als Turbo für den Finanzsektor

21. August 2018

End-to-End-Digitalisierung und Plattformen gewinnen weiter an Bedeutung

Banken und Finanzdienstleister können mit KI-Anwendungen ihre Wertschöpfungskette an vielen Stellen effizienter gestalten und so trotz sinkender Margen und zunehmenden Wettbewerbs erfolgreich bleiben.

Das Thema "Künstliche Intelligenz" ist genau genommen nicht neu: Schon in den 1960er Jahren gab es Grundlagenforschung zu neuronalen Netzen. Doch seit 2015 spielt das Thema eine immer wichtigere Rolle in der Finanzdienstleistungsbranche. Umfragen wie unsere "Retail Banking Survey" zeigen, dass zwar vor allem die Themen End-to-End-Digitalisierung und Plattformen die Finanzdienstleister eine entscheidende Rolle spielen, KI aber zunehmend wichtiger wird. Dabei besteht in vielen Fällen ein gewisser Nachholbedarf. Denn die Entwicklung hat sich deutlich beschleunigt. Auf der einen Seite sind die technischen Voraussetzungen für den Einsatz von KI inzwischen im Großen und Ganzen gegeben: Computer haben heute viel schnellere Prozessoren bei niedrigen Preisen. Dazu kommt ein viel einfacherer Zugang zu Rechenleistungen über Cloud-Netzwerke. Und – ein entscheidender Faktor vor allem für die Finanzbranche – die nötigen Daten, insbesondere auf der Kapitalmarktseite aber auch Firmeninformationen sind verfügbar.

Jedes Finanzunternehmen sollte seine Wertschöpfungskette mithilfe von Künstlicher Intelligenz optimieren.
Jedes Finanzunternehmen sollte seine Wertschöpfungskette mithilfe von Künstlicher Intelligenz optimieren.

Neue Tools für eine veränderte Branche

Die Branche steht nach wie vor unter erheblichem Veränderungsdruck. Sinkende Margen erfordern nicht nur, Kosten zu senken und Risiken effizient zu managen, sondern zwingen die Unternehmen auch dazu, neue Ertragsquellen zu erschließen. Hinzu kommt: Wegen der zunehmenden Regulierung benötigen Finanzunternehmen leistungsfähigere analytische Tools, um das geforderte umfassende Monitoring des Finanzsektors mit Reporting und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben etwa in Bezug auf Geldwäsche zu ermöglichen.

KI-Anwendungen sind hier das effiziente Mittel, denn sie lassen sich an vielen Stellen entlang der gesamten Wertschöpfungskette einsetzen. Zum Beispiel kann Bilderkennung an der Kundenschnittstelle für Autorisierungsprozesse eingesetzt werden, und Spracherkennung erlaubt es, ChatBots in der Beratung zu nutzen. Im Bereich Kreditwürdigkeitsprüfung kann KI genauso unterstützen wie beim Rating. Auch Hedgefonds und Aktienhändler nutzen die Technologie, um höhere und damit unkorrelierte Renditen zu erkennen oder ihre Handelsaktivitäten zu verbessern. Zudem helfen KI-Werkzeuge beim Erstellen des aufsichtsrechtlichen Berichts , bei der Analyse und Optimierung von Daten und beim Erkennen und Verhindern von Betrug.

Chancen und Risiken

Angesichts der zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten sollte jedes Unternehmen der Finanzbranche seine Wertschöpfungskette systematisch auf KI-Optionen überprüfen, potenzielle Risiken beurteilen und ein entsprechendes Management einführen. Denn sowohl für die Unternehmen als auch ihre Kunden locken viele Vorteile:

  1. Durch KI-Werkzeuge steigt die Datenqualität und die Bearbeitung wird deutlich beschleunigt: Prognosen reichen von einem Viertel bis zur Hälfte Zeitersparnis im Vergleich zu heute.
  2. Mit KI verbessert sich die Beurteilung der Kreditwürdigkeit und die Risikokosten sinken entsprechend; eine Reduktion um 10 bis 15 Prozent ist zu erwarten.
  3. Neue Beratungsangebote auf KI-Basis, wie beispielsweise ChatBots führen zu effizienteren und innovativeren Ansätzen der Kundenbetreuung. Richtig eingesetzt können darüber Marktanteile gewonnen und zusätzliche Erträge realisiert werden.
  4. Die Personalkosten sinken, da KI-Technologien vieles automatisieren oder den Aufwand menschlicher Arbeit reduzieren.

Andererseits bringt der Einsatz von KI-basierten Lösungen auch Risiken mit sich. Darauf hat auch das Financial Stability Board hingewiesen. Ein Risiko liegt zum Beispiel darin, dass selbstlernende Algorithmen nicht auditierbar sind und die Branche zudem vermehrt von Drittfirmen abhängt, die außerhalb des regulatorischen Rahmens arbeiten.

Dazu kommt die Gefahr durch eine wachsende Interkonnektivität zwischen Finanzmarkt und Banken, die zu systemischen Risiken führen kann: So haben Algorithmen durch eine Manipulation des Volatilitätsindexes Anfang Februar einen Kurssturz an der New Yorker Börse herbeigeführt, der auch bei den Banken erhebliche Verluste zur Folge hatte. Deshalb fordert das Financial Stability Board für KI-Lösungen einen strengen Test mit sauberen Daten und Feedback-Mechanismen. So soll sichergestellt werden, dass die Technik auch das tut, was sie soll, und zum Nutzen aller eingesetzt werden kann.

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