Voters across Europe show more positive attitudes towards the EU, at the same time parties critical of the EU might increase their share of seats
Trend Compendium 2050: Sechs Megatrends prägen die nächsten Jahrzehnte
Für die Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft ist es entscheidend, langfristige Entwicklungen zu kennen
Menschen und Gesellschaft
Politik & Regierung
Umwelt & Ressourcen
Wirtschaft
Technologie & Innovation
Gesundheit und Pflege
Zu den Megatrends werden schrittweise weitere Artikel veröffentlicht.
Megatrends sind langfristige Entwicklungen von globaler Bedeutung – beispielsweise der Klimawandel, die Abnahme der Biodiversität oder die Alterung der Gesellschaft. Sie stellen Politik, Gesellschaft und Wirtschaft vor große Herausforderungen, beinhalten aber oftmals auch große Chancen. Die rapide voranschreitende technologische Entwicklung ist dafür das beste Beispiel. Um diese Herausforderungen zu meistern und die Chancen zu nutzen, ist es wichtig, Megatrends frühzeitig zu erkennen. Politik, Unternehmen und andere gesellschaftliche Akteure können dann erfolgreiche Strategien entwickeln, um eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.
Das Roland Berger Institute beschäftigt sich seit fast zwei Jahrzehnten mit Megatrends und gibt regelmäßig einen aktuellen Überblick dazu im Trend Compendium, das in englischer Sprache erscheint. In der neuen Ausgabe stellen wir sechs Megatrends in den folgenden Bereichen vor: Menschen und Gesellschaft, Politik und Regierung, Umwelt und Ressourcen, Wirtschaft, Technologie & Innovation, Gesundheit und Pflege. Die Megatrends werden im Folgenden kurz vorgestellt. Sie sind in Subtrends unterteilt, um relevante Teilbereiche zu beleuchten.
Bevölkerung – Migration – Bildung & Arbeit – Werte
Menschen stehen naturgemäß im Mittelpunkt der Megatrends. Sie sind die Treiber eines jeden Trends und müssen gleichzeitig mit deren Auswirkungen umgehen. Dabei stehen nicht nur Zahlen wie die demografische Entwicklung von Ländern und Regionen im Vordergrund, sondern auch Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten in gleichem Maß wie der Umgang mit Werten und Menschenrechten.
- Bevölkerung. Aufgrund zurückgehender Geburtenraten wird sich das Wachstum der Weltbevölkerung in den nächsten Jahrzehnten geringfügig abschwächen. 2050 werden 9,7 Mrd. Menschen auf der Erde leben – heute (2023) sind es 8,0 Mrd. In Bezug auf Länderkategorien und Regionen ist das Wachstum sehr unterschiedlich. Während die Bevölkerung in den meisten Industrieländern zurückgeht, wachsen viele Schwellen- und Entwicklungsländer nach wie vor stark. Das stärkste Wachstum verzeichnet Afrika, in Europa hingegen schrumpft die Bevölkerung. Der bevölkerungsreichste Kontinent bleibt Asien, die größten Länder werden 2050 Indien, China, Nigeria, die USA und Pakistan sein. Die Alterung der Gesellschaft hält aufgrund der niedrigen Geburtenraten in vielen Industrieländern an.
- Migration. Die Wanderung von Menschen über Staatsgrenzen hinweg, aber auch innerhalb von Staaten, dauert auch in Zukunft an. Ursachen sind das Streben nach einer wirtschaftlichen Perspektive, die Flucht vor Gewalt und – zunehmend – der Klimawandel, der das Überleben in vielen Regionen wesentlich erschwert oder sogar unmöglich macht.
- Bildung & Arbeit. Von einem guten Bildungssystem profitieren die Menschen und damit die gesamte Volkswirtschaft eines Landes. Prognosen erwarten, dass weltweit das Bildungsniveau zunimmt, wovon vor allem Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern profitieren. Die oben beschriebene Alterung der Gesellschaft in Industrieländern führt zu einem Fachkräftemangel, der zum Teil durch Zuwanderung aus wachsenden Schwellen- und Entwicklungsländern ausgeglichen werden könnte.
- Werte. Die Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen ist mittlerweile ein Vierteljahrhundert alt, doch noch immer kommt es weltweit zu massiven Menschenrechtsverletzungen. Es ist schwierig zu prognostizieren, ob sich die Lage der Menschenrechte bis 2050 verbessern wird. Die technologische Entwicklung führt dazu, dass immer mehr Menschen in der Lage sind, ihre Meinung zu teilen, auf ihre Lage aufmerksam zu machen und Protest zu organisieren, doch gibt sie Staaten gleichzeitig das Mittel in die Hand, in großem Umfang Zensur zu betreiben, Propaganda und Fake News zu verbreiten und Menschen zu kontrollieren und zu unterdrücken.
Globale Risken – Geopolitik – Zukunft der Demokratie
Eine nachhaltige Politik berücksichtigt stets globale Risiken, wie zum Beispiel die Erderwärmung oder die Verschmutzung der Ozeane. Global koordiniertes Handeln ist deshalb unerlässlich, wird aber zu einer wachsenden Herausforderung. Zum einen, weil wesentliche Akteure einander zunehmend als Rivalen statt als Partner wahrnehmen. Zum anderen, weil auch innerhalb von Demokratien autokratische Tendenzen auf dem Vormarsch sind.
- Globale Risiken. Bei den globalen Risiken der nächsten Dekade stehen der Klimawandel, Naturkatastrophen und der Verlust von Biodiversität ganz oben. Kurzfristig dominieren nach Ansicht vieler Experten aber eher ökonomische und geopolitische Risiken. Dabei unterscheidet sich die Einschätzung der Risiken von Land zu Land.
- Geopolitik. Die geopolitische Lage war bereits vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine von Spannungen zwischen wesentlichen Akteuren geprägt. Seit dem Kriegsbeginn zeigen sich die westlichen Demokratien geschlossener denn je. Die weitere geopolitische Entwicklung ist unsicher, aber es ist zu erwarten, dass die Rivalität der unterschiedlichen Akteure anhalten oder sogar zunehmen wird.
- Zukunft der Demokratie. In der letzten Dekade ging die Anzahl der liberalen Demokratien weltweit zurück, die Zahl der Autokratien nahm zu. Innerhalb von Demokratien wächst die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierungsform seit fast 20 Jahren, allerdings gibt es deutliche Unterschiede in der Beurteilung von Land zu Land.
Klimawandel und Umweltverschmutzung – Biodiversität – Ressourcen & Rohstoffe
Der Kampf gegen den Klimawandel und die Umweltverschmutzung, der Schutz der Biodiversität und der schonende Umgang mit Ressourcen hängen eng miteinander zusammen. Bei allem geht es um den Erhalt einer lebenswerten Umwelt, die das Überleben auf der Erde auch für nachfolgende Generationen sichert.
- Klimawandel und Verschmutzung. Unter Wissenschaftlern herrscht Konsens, dass wir rasch die Emission von Treibhausgasen senken müssen, wenn die Erderwärmung auf 1,5-2 °C begrenzt bleiben soll. Von den meisten Politikern wird das auch anerkannt, aber eine Politik, die bis 2050 zur Klimaneutralität führt, ist bei Weitem noch nicht global umgesetzt. Zum Klimawandel kommt das Problem der Verschmutzung hinzu, etwa durch Abgase und Plastikmüll.
- Biodiversität. Die Biodiversität ist an vielen Stellen der Erde auf dem Rückzug. Dabei ist sie nicht nur ein Wert an sich – zahlreiche Arten erbringen enorme Leistungen für die Volkswirtschaft, etwa Bienen als Bestäuber in der Landwirtschaft oder Wale und Krill als CO2-Speicher.
- Ressourcen & Rohstoffe. Wenn es kein globales Umsteuern in der Energiepolitik gibt, werden fossile Brennstoffe auch 2050 noch den größten Anteil am Energieverbrauch haben. Bei Wasser steht das Thema einer höheren Effizienz der Lieferkette und des Verbrauchs im Vordergrund. Bei Nahrungsmitteln geht es zusätzlich darum, die Produktivität in der Landwirtschaft zu steigern. Weitere Rohstoffe, wie etwa seltene Erden, befinden sich häufig in nur wenigen Ländern, was fast zwangsläufig zu starken Abhängigkeiten bei den Nutzern führt.
Welthandel und Wertschöpfungsketten – Machtverschiebungen – Energietransformation – Verschuldung
Die Weltwirtschaft befindet sich mitten in einer umfassenden Transformation. Wertschöpfungsketten werden neu aufgestellt, wirtschaftliche Machtzentren verschieben sich und die Energieerzeugung wird nachhaltig gestaltet. Dass all diese Veränderungen vor dem Hintergrund hoher Verschuldung geschehen, macht die Aufgabe umso anspruchsvoller.
- Welthandel und Wertschöpfungsketten. Vor der Finanzkrise 2008/2009 war das Wachstum des globalen Handels deutlich stärker als das des globalen BIP – die Globalisierung schritt in großem Tempo voran. Seit der Finanzkrise sind beide Wachstumsraten nahezu gleich. Die Globalisierung hat sich verlangsamt, was unter anderem an wachsenden Handelsbeschränkungen liegt. Der heimische Anteil an der Wertschöpfung von Exportprodukten stieg an, globale Wertschöpfungsketten erfuhren zusätzlichen Druck durch Lieferschwierigkeiten im Zuge der Corona-Pandemie. Einen Ausweg aus der gegenwärtigen Krise sehen viele Staaten und Unternehmen in der Verbreiterung der Lieferantenbasis, um einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden.
- Machtverschiebungen. Schon jetzt belegen China und Indien die Plätze 2 und 5 in der globalen Rangliste der Volkswirtschaften. Im Jahr 2050 wird China die Nummer 1 sein, mit einem deutlich größeren BIP als das der USA. Indien wird auf Rang 3 liegen. Indonesien erklimmt die Top 10 und wird 2050 hinter Deutschland und Japan auf Rang 6 liegen. Handelsabkommen wie die Regional Comprehensive Economic Partnership, ein Zusammenschluss von 15 Ländern aus der Region Asien-Pazifik, verschieben wirtschaftliche Gewichte in aufstrebende Regionen.
- Energietransformation. Energieerzeugung und -nutzung haben den größten Einfluss auf den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft in Richtung Klimaneutralität. Um das Ziel bis zum Jahr 2050 zu erreichen, sind enorme Anstrengungen notwendig. Die Investitionen, die aktuell zur Verringerung der CO2-Emissionen aufgewendet werden, müssen in den kommenden Jahren mehr als verdreifacht werden – weltweit geht es dann um über 4 Billionen US-Dollar jährlich.
- Verschuldung. Die COVID-19-Pandemie hat dazu geführt, dass die ohnehin schon hohen staatlichen und privaten Schuldenstände weiter angestiegen sind. Der Krieg in der Ukraine und die Finanzierung des Wiederaufbaus erhöhen die Schulden von Geberländern zusätzlich.
Wert von Innovation – Schlüsseltechnologien – Mensch und Maschine
Technologischer Fortschritt ist ein wesentlicher Wachstumstreiber. Der Fortschritt wird zuvorderst von Schlüsseltechnologien befeuert, die sich besonders schnell entwickeln und in vielen Anwendungen zum Einsatz kommen. Technologien wie die künstliche Intelligenz definieren dabei das Verhältnis von Mensch und Maschine neu und verlangen daher eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den jeweiligen Chancen und Risiken.
- Wert von Innovation. Analysen zeigen, dass die innovativsten Volkswirtschaften der Welt in der Regel auch die reichsten sind. Große Volkswirtschaften investieren – staatlich und privat – erhebliche Summen in Zukunftstechnologien, um ihren Vorsprung zu erhalten. Für Entwicklungsländer ist es nicht einfach, ihre Position zu verbessern, weil ihnen häufig adäquate Forschungsinstitutionen und gut ausgebildete Wissenschaftler und Entwickler fehlen.
- Schlüsseltechnologien. Nicht alle Technologien sind gleich einflussreich. Die sogenannten Schlüsseltechnologien zeichnen sich durch rasantes Wachstum und ihre große Bedeutung für viele Wirtschaftsbereiche aus. Zu ihnen zählen zum Beispiel künstliche Intelligenz, Techniken der erneuerbaren Energieerzeugung oder die Nanotechnologie. In der Entwicklung von Schlüsseltechnologien nehmen China und die USA eine herausragende Position ein.
- Mensch und Maschine. Künstliche Intelligenz (KI) ändert das Verhältnis von Mensch und Maschine von Grund auf. In einer Expertenumfrage gab die Hälfte der Befragten an, dass Maschinen mit KI innerhalb von weniger als 40 Jahren in der Lage sind, alle Tätigkeiten besser auszuführen als Menschen. Die exponentiell wachsenden Fähigkeiten von KI wecken einerseits Hoffnungen auf die Lösung drängender Probleme wie den Klimawandel, Hunger und Krankheiten. Andererseits werden – besonders von KI-Experten selbst – große Befürchtungen geäußert, darunter: Arbeitsplatzverluste, ein Ende der menschlichen Kontrolle über viele Prozesse, schädliches Verhalten der KI bis hin zu einer existenziellen Bedrohung für die Menschheit.
Globale Gesundheitsherausforderungen – Gesundheitssystem der Zukunft – Pflege
Die COVID-19-Pandemie hat die Bedeutung einer guten Gesundheitsversorgung weltweit unterstrichen. Zahlreiche Herausforderungen sind auf dem Weg dorthin zu meistern. Dabei können medizinische und technische Innovationen helfen. Ein leistungsfähiges Pflegesystem ergänzt eine gute Gesundheitsversorgung und wird aufgrund der Alterung der Bevölkerung immer wichtiger.
- Globale Gesundheitsherausforderungen. Die effektive Bekämpfung von Pandemien ist nur eine von vielen Herausforderungen an Gesundheitssysteme. Hinzu kommen insbesondere: ein besserer Zugang zu Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern, die Sicherstellung von Gesundheitsversorgung in Konfliktgebieten und die Abmilderung gesundheitlicher Negativfolgen von Klimawandel und Verschmutzung. Die Bewältigung dieser Herausforderungen wird viel Geld kosten. Experten gehen zwar davon aus, dass die Ausgaben für Gesundheit weltweit steigen werden, die Schere zwischen armen und reichen Ländern aber nicht kleiner wird.
- Gesundheitssystem der Zukunft. Medizin, Medizintechnik und Pharmazie sind sehr forschungsintensiv. Der finanzielle, personelle und organisatorische Aufwand ist beträchtlich. Trotzdem schaffen es immer wieder bahnbrechende Innovationen auf den Markt, man denke nur an die mRNA-Impfstoffe, die eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie gespielt haben. Zell- und Gentherapie und der wachsende Einsatz von KI sind weitere Beispiele für zukünftig bedeutende Anwendungen im Gesundheitswesen.
- Pflege. Durch die Alterung der Bevölkerung wird der Bedarf an Pflege weiter ansteigen. Das betrifft in besonderem Maße Industrieländer, aber auch ein Land wie China, in dem 2050 mehr als ein Viertel der Bevölkerung 65 Jahre alt oder älter sein wird. Um eine leistungsfähige Pflege zu gewährleisten, sind hohe Investitionen ins Pflegesystem notwendig und es müssen viele zusätzliche Pflegekräfte gewonnen werden.
Wir danken Steffen Geering für die redaktionelle Mitarbeit.
Trend Compendium 2050: Six megatrends will shape the next decades
The Roland Berger Trend Compendium 2050 covers six megatrends shaping the world between now and 2050.