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Automobilindustrie: Transformation durch Kooperation

Automobilindustrie: Transformation durch Kooperation

4. September 2023

Hersteller und Zulieferer können Krisen, Engpässe und steigende Kosten nur gemeinsam meistern

Transformation bleibt das Dauerthema für die Automobilindustrie. Angesichts der Umstellung auf die Elektromobilität sind in der heutigen VUCA-Welt gezielte Partnerschaften zwischen Automobilherstellern und Zulieferern überlebenswichtig. Nur gemeinsam kann die Automobilindustrie die Transformation profitabel gestalten und die nötige Flexibilität erlangen, um sich auf die geänderten Rahmenbedingungen einzustellen.

Mobility in Motion, eine Sonderbeilage, die wir für die Automobilwoche realisiert haben, beleuchtet die wichtigsten Handlungsfelder und Lösungsansätze für eine erfolgreiche Transformation.

Hersteller und Zulieferer: Den Kostenanstieg gemeinsam bremsen

Wachsende technische Komplexität, Elektrifizierung, Digitalisierung: Mehrere Faktoren treiben die Kosten eines Fahrzeugs immer weiter in die Höhe. Damit Autos erschwinglich bleiben und die erforderlichen Margen generieren, muss der Kostenanstieg durch eine Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette begrenzt werden. Dazu müssen Hersteller und Zulieferer eng kooperieren und jeweils ihren Beitrag leisten. So lassen sich etwa durch eine engere Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Komponenten Kosten und Lastenhefte entschlacken. Auch die Konzeption von weniger komplexen, nicht markendifferenzierenden Komponenten, die Zulieferer mit wenig Aufwand für verschiedene Kunden anpassen können, erlauben Einsparungen durch Skaleneffekte. Schließlich kann Transparenz die Effizienz erhöhen: Automobilhersteller, die ihre Technologie-Roadmap klar darlegen, geben ihren Zulieferern Orientierung, welche Lösungen Chancen auf einen späteren Serieneinsatz haben.

Produktion ganzheitlich überdenken

Die Automobilbranche sollte die aktuellen, multiplen Krisen dazu nutzen, ihre Produkt- und Produktionskonzepte von Grund auf zu überdenken. Gerade die Umstellung auf E-Fahrzeuge bietet gute Chancen, die eigene Wertschöpfungstiefe zu hinterfragen. So verursachen Varianten bis zu einem Fünftel der gesamten Produktionskosten. Durch weniger Produkt- und Ausstattungsvarianten an einem Standort können OEMs die Steuerungs- und Prozesskomplexität deutlich reduzieren und damit kostengünstiger produzieren.

Während etablierte Unternehmen der Herausforderung gegenüberstehen, die vorhandene Produktkomplexität zu bewältigen, profitieren Newcomer in der Automobilindustrie entscheidend davon, bei der Modellentwicklung von Grund auf beginnen zu können.

"Die Automobilindustrie muss die laufende, tiefgreifende Transformation nutzen, um ihre Wertschöpfungsstrategien ganzheitlich zu überdenken und auf Performance zu trimmen."
Portrait of Norbert Dressler
Senior Partner
Stuttgart Office, Zentraleuropa

Zulieferer: Margendruck hält an

Schon seit 2019 entwickeln sich die Margen von OEMs und Zulieferern in gegenläufige Richtung: Während sie bei den OEMs steigen, geraten die traditionellen Zulieferer immer stärker unter Druck – auch, weil es den meisten nicht gelang, die steigenden Kosten für Energie, Material und Logistik infolge der Halbleiterknappheit ausreichend weiterzugeben. Ihre Margen sanken 2022 im Vergleich zu 2021 von 5,3 Prozent auf durchschnittlich 4,6 Prozent. 2017 hatten sie noch bei 7,5 Prozent gelegen.

Wachstum findet vor allem im E-Antriebsstrang, speziell bei Batterien, und in der Digitalisierung statt. Die Profitabilität hängt aber auch von der Stufe in der Lieferkette ab. Weil es den OEMs gelungen ist, knappe Teile in die Produkte mit den höchsten Margen zu lenken und höhere Preise durchzusetzen, konnten Rohstoffhersteller, Chiplieferanten und Transportunternehmen gute Ergebnisse erzielen. Tier-1- und Tier-2-Zulieferer hingegen konnten nur einen Teil des erhöhten Aufwands weitergeben, sodass ihre Margen stärker litten. Lieferanten von Standardteilen und Commodities werden noch effizienter als bisher produzieren müssen. Zudem sollten sie überprüfen, ob sich mit ihren Produkten und Kompetenzen auch in anderen Branchen Umsätze erzielen lassen.

Risikominimierung muss Vorrang haben

Um in einer von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Widersprüchlichkeit (VUCA) geprägten Welt erfolgreich zu sein, müssen alle Beteiligten ihr Risikomanagement auf eine deutlich breitere Basis stellen und entsprechende Szenarien planen.

Geht ein Unternehmen etwa davon aus, dass sich beispielsweise die politische Lage in einem Land verschlechtert, kann es De-risking betreiben indem z.B. Lagerbestände erhöht oder alternative Lager aufgebaut werden. Der Ansatz der Capsulation ist geeignet, wenn länger andauernde Krisen befürchtet werden. Dann sollten vorbeugend Maßnahmen getroffen werden – etwa die, die Produktion und Sourcing schon jetzt von dieser Region unabhängig zu machen und erst beim tatsächlichen Auftreten der Krise zum De-coupling, der letzten Stufe vor dem Exit, überzugehen.

„Offen sein ist das Gebot der Stunde“

Im Interview geht CUPRA-COO Sven Schuwirth unter anderem auf die neuen Anforderungen an etablierte Hersteller ein. Seine zentrale Botschaft: Hersteller und Zulieferer sollten gezielt auf Partnerschaften setzen. Gleichzeitig ist er von der Zukunftsfähigkeit der europäischen Industrie überzeugt: „Wir müssen unsere Stärken insbesondere bei Design, Markenführung und ganzheitlicher Experience sowie klassische Umfänge wie Fahrwerk oder Komfort weiter absichern. Das wird uns gelingen, wenn wir versuchen, nicht alles selbst zu machen, sondern verstärkt in Kooperationen und Allianzen eintreten und uns auf das konzentrieren, was wir sehr gut können, und das ist eine Menge.“

Nachhaltigkeit: Kreislaufwirtschaft als Hebel zur Dekarbonisierung

Anders als beim Verbrenner entsteht der größte Teil des CO2-Fußabdrucks beim Elektro-Auto nicht bei der Produktion der Fahrzeuge, sondern in der vorgelagerten Wertschöpfungskette, begonnen bei der Gewinnung der Rohstoffe. Produktdesign, Lieferkette, Rohstoffe und Ursprungsland bilden die maßgeblichen Einflussgrößen der Scope-3-upstream-Emissionen.

Mit der Kreislaufwirtschaft kommt eine Nachhaltigkeitsstrategie ins Spiel, die neue Paradigmen für die Materialflüsse festlegt und den Aufbau neuer Lieferketten erfordert. Dafür bietet sie neben der Umweltschonung einen weiteren Vorteil: Recycling schafft eine größere Unabhängigkeit von steigenden Rohstoffpreisen und -knappheit.

So bieten zirkuläre Ansätze gute Möglichkeiten, die Kosten, den Verbrauch begrenzter Rohstoffe und den CO2-Abdruck beispielsweise von Batterien zu senken. Prinzipiell stehen dabei drei Optionen zur Wahl: materielles Recycling, also die Zerlegung und Rückgewinnung der Rohstoffe, Second-Life-Anwendungen, bei denen noch funktionsfähige Batterien etwa als stationäre Stromspeicher verwendet werden, sowie die Aufarbeitung von Batterien, um sie als Ersatzteile erneut in Fahrzeuge einzubauen.

Weil sich Anstrengungen im Bereich der Kreislaufwirtschaft erst längerfristig auszahlen werden, sollten Hersteller und Zulieferer zügig Strategien zur Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft entwickeln und umsetzen.

Weitere Lösungsansätze für eine erfolgreiche Transformation können Sie im PDF der Automobilwoche Sonderbeilage "Mobility in Motion" nachlesen.

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