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Preis- und Kostenradar für den deutschen Biermarkt

Preis- und Kostenradar für den deutschen Biermarkt

10. Juli 2025

Sinkender Absatz, steigende Kosten: Brauereien müssen Effizienz, Strategie und Produktportfolio optimieren

Das Preis- und Kostenradar „Deutscher Biermarkt“ von Roland Berger zeigt: Die deutsche Bierbranche steht unter hohem Druck durch eine kritische Kombination aus schrumpfendem Absatz und gleichzeitig stark gestiegenen Produktionskosten. Vor allem kleinen und mittleren Brauereien droht ein zunehmender und erheblicher Ergebnisdruck, da die Kosten in den vergangenen Jahren schneller gestiegen sind als die Preise im Handel erhöht werden konnten. Auch die für die kommenden Monate angekündigten Preiserhöhungen werden dies nur zum Teil ausgleichen, weshalb weitere Schritte unausweichlich sind. Zudem müssen die Brauereien Maßnahmen zur Effizienzsteigerung entwickeln und umsetzen sowie die gesamte Strategie und das Produktportfolio an die veränderte Marktlage und Kundennachfrage anpassen.

Der Bierkonsum sinkt weltweit – und besonders stark in Deutschland: In den vergangenen 31 Jahren ist der Konsum von Bier hierzulande um 35 Prozent zurückgegangen. Haupttreiber sind eine kritischere Einstellung gegenüber Alkoholkonsum, ein ausgeprägteres Gesundheitsbewusstsein und veränderte Trinkvorlieben der jüngeren Generationen, wodurch sich die Präferenzen der Verbraucher verschoben haben: Sie trinken weniger klassische Biere, dafür mehr alkoholfreies Bier und Mixgetränke. Deren zunehmender Marktanteil konnte den Rückgang der verkauften Volumina insgesamt jedoch nicht aufhalten.

Produktionskosten steigen schneller als die Verkaufspreise

Zwar haben viele Brauereien die veränderte Situation erkannt und steuern mit neuen Produkten gegen; so ist der Markt vor allem bei alkoholfreien Bieren heute erheblich vielfältiger als noch vor etwa einem Jahrzehnt. Das reicht jedoch nicht, um die stetig zunehmenden Produktionskosten zu kompensieren: Alleine seit 2020 sind sie jedes Jahr Jahren um sechs Prozent gestiegen und werden auch in den kommenden Jahren weiter wachsen. Die größten Preistreiber sind dabei die Rohstoffe und Verpackungen mit 24 Prozent Anteil an den Produktionskosten sowie das Personal (23%).

Vergleicht man die Steigerung der Produktionskosten mit der Entwicklung der Preise, die die Brauereien im Großhandel erzielen, zeigt sich eine deutliche Spreizung: Die gestiegenen Herstellungskosten wurden in den vergangenen vier Jahren nur unvollständig und mit Verzögerung weitergegeben, was zu einer Kostenunterdeckung von bis zu zwölf Prozentpunkten führen kann. Damit stehen viele Brauereien unter einem enormen Margen- und Kostendruck, unter dem auch Investitionen leiden, die etwa für die Entwicklung neuer Produkte, aber auch für das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen und Zukunftsfähigkeit unverzichtbar sind. Zumal auch die Preiserhöhungen, die einige Brauereikonzerne für Herbst bereits angekündigt haben, noch nicht genügen, um die Diskrepanz zwischen gestiegenen Produktionskosten und lange Zeit stagnierenden Verkaufspreisen zu kompensieren.

Weitere Preiserhöhungen unausweichlich, aber nicht ausreichend

Um die Wettbewerbsfähigkeit der Brauereien angesichts rückläufiger Absätze, veränderter Konsumgewohnheiten und steigender Kosten langfristig sicherzustellen, wird die Branche daher sowohl weitere Preisanpassungen am Markt durchsetzen als auch zusätzliche Maßnahmen ergreifen müssen. Zwei Hebel sind dabei entscheidend: Zum einen geht es darum, die Effizienz weiter zu steigern, etwa durch eine KI-unterstützte Optimierung sämtlicher Bestandteile der Wertschöpfungskette – von der Absatzplanung über den Einkauf, die Produktion, Lagerhaltung und Bestandsmanagement bis hin zur Logistik. Auch bei der Effizienz der Organisationsstrukturen besteht zumeist noch Optimierungspotenzial.

Zum anderen verlangt die veränderte Situation am Markt auch ein grundlegendes Überdenken der Unternehmensstrategie inklusive des Marken- und Produktportfolios: Müssen Geschäftsbereiche diversifiziert oder im Gegenteil stärker fokussiert werden? Braucht es eine Internationalisierung oder ist mehr lokale Identifikation erfolgversprechender? Sind Geschäftsmodell und Prozesse nachhaltig aufgestellt? Beim Produktportfolio gilt es, nicht nur das Sortiment zu straffen und durch neue Verpackungen oder Größen den Absatz bestehender Produkte zu steigern, sondern auch gezielt mit neuen Produkten die geänderten Bedürfnisse der Verbraucher zu bedienen. Dabei reichen die Möglichkeiten weit über alkoholfreie Biere oder Biermischgetränke hinaus: So lassen sich etwa mithilfe neuer Fermentationstechnologien Getränke herstellen, die geschmacklich, sensorisch und funktional echte Alternativen zu alkoholischen Getränken bieten. Solche und weitere innovativen Produkte mit klarem Mehrwert werden Brauereien auch in Zukunft Wachstumspotenziale eröffnen.

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Weiterführende Literatur
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