Deutschland bleibt innovativ, aber es fehlt der Schwung

Deutschland bleibt innovativ, aber es fehlt der Schwung

3. Mai 2023

Innovationsindikator 2023

Moderne Industriegesellschaften benötigen Innovationen, um zugleich zu wachsen und nachhaltig zu wirtschaften. Ohne radikale Transformation und konsequente Innovation können diese Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit und damit den Wohlstand ihrer Bürgerinnen und Bürger nicht bewahren.

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"Moderne Industrie- gesellschaften benötigen Innovationen, um zugleich zu wachsen und nachhaltig zu wirtschaften. Ohne radikale Transformation und konsequente Innovation können diese Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihren Wohlstand nicht bewahren."
Portrait of Stefan Schaible
Senior Partner, Global Managing Partner
Frankfurt Office, Zentraleuropa

Der Innovationsindikator 2023, eine Kooperation von BDI und Roland Berger, liefert empirisch belegte Erkenntnisse darüber, wie Deutschlands Innovationsfähigkeit im internationalen Vergleich abschneidet: In welchen Bereichen ist Deutschland Spitzenreiter, wo allenfalls Durchschnitt, wo hinkt Deutschland hinterher?

Anhand dieser Fragen untersucht der Innovationsindikator 2023 das Innovationssystem ganzheitlich. Mit einem zusätzlichen Fokus auf die Bereiche Schlüsseltechnologien und Nachhaltigkeit adressiert er die großen Herausforderungen unserer Zeit – einen zunehmenden Technologiewettbewerb, Digitalisierung, geopolitische Verschiebungen und Dekarbonisierung.

Deutschland landet im Vergleich der Innovationsfähigkeit 35 ausgewählter Volkswirtschaften auf dem zehnten Platz. Der Abstand zu Gold, Silber und Bronze – Schweiz, Singapur, Dänemark – ist deutlich. Natürlich handelt es sich bei diesen drei Nationen nicht um „klassische“ Industrienationen, sondern um kleinere Volkswirtschaften, die gar nicht anders können als sich auf bestimmte Innovationsfelder zu konzentrieren. Diese Länder investieren massiv in ein leistungsfähiges Wissenschaftssystem und sorgen für enge Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. So bieten sie stark innovativen und international vernetzten Industrien hervorragende Standortbedingungen.

Betrachtet man innerhalb dieses Innovations-Rankings gesondert die Gruppe der größeren Volkswirtschaften, so liegt Deutschland auf dem zweiten Platz hinter Südkorea, aber vor den USA, Großbritannien und Frankreich.

Die Innovationsfähigkeit der amerikanischen Volkswirtschaft erodiert seit der Erstveröffentlichung des Innovationsindikators im Jahre 2005 kontinuierlich, was unter anderem auf das weiterhin negative Handelsbilanzsaldo bei Hochtechnologiewaren sowie eine vergleichsweise geringe Intensität der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zurückzuführen ist. Auch ist die Innovationsfähigkeit der USA auf einige wenige hochinnovative Bereiche konzentriert, während im vergangenen Jahrzehnt weniger innovationsorientierte wirtschaftliche Aktivitäten etwa im Energiebereich oder bei den konsumorientierten Dienstleistungen stärker gewachsen sind. China wiederum hat in puncto Innovationsfähigkeit seit 2005 permanent Boden gut gemacht. Aber auch China erzielte seinen Bestwert bereits 2020, also vor dem Einbruch der Weltwirtschaft im Zuge der Corona-Krise.

"Marktnahe Innovationen in einem geeigneten industriepolitischen Rahmen sind zusammen mit einem handlungsfähigen Staat, der die Marktkräfte aktiviert, die Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation der modernen Industriegesellschaft."
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Deutschlands Innovationsfähigkeit im internationalen Vergleich: Ist das Wasserglas halb voll oder halb leer?

Die Entwicklung der Innovationsfähigkeit Deutschlands für den Zeitraum 2005-2021 ergibt ein recht konstantes Bild. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass ein Aufschließen zur Spitzengruppe nicht zu erkennen ist. Die Situation Deutschlands in Bezug auf seine Innovationsfähigkeit im internationalen Vergleich gleicht somit dem zur Hälfte gefüllten Glas Wasser. Die gute Nachricht ist, dass Deutschland in einem sich rasch wandelnden und durch verschiedene Krisen gekennzeichneten globalen Umfeld seine Innovationsfähigkeit erhalten konnte. Die schlechte Nachricht ist, dass wenig dynamische Strukturen ein Hemmnis darstellen, um auf die Spitzenplätze vorzurücken.

Unterschiedliche Performance in verschiedenen Schlüsseltechnologien

Bei den Schlüsseltechnologien belegt Deutschland den siebten Platz. Dabei hat es im Zeitverlauf einige Rangplätze eingebüßt, konnte aber den durchschnittlichen Indexwert über alle Schlüsseltechnologien weitgehend konstant halten. Allerdings droht Deutschland bei einigen Technologien zurückzufallen, weil andere Länder dort stärker investieren und sich stärker engagieren.

Der Innovationsindikator 2023 zeichnet für unterschiedliche Schlüsseltechnologien ein durchaus differenziertes Bild. Im Bereich der neuen Produktionstechnologien ist Deutschland weltweit Spitzenreiter, in den Bereichen der Kreislaufwirtschaft und der Energietechnologien landet Deutschland immerhin noch auf den Medaillenplätzen. Wie zu befürchten, fällt Deutschland hingegen in den Bereichen der digitalen Vernetzung und der digitalen Hardware stark ab.

Wie schneiden China und die USA bei den Schlüsseltechnologien ab? China hat in allen Technologiefeldern aufgeholt und sich so auch im Ranking der Schlüsseltechnologien von Mittelfeldplatz kontinuierlich nach oben gearbeitet. Derzeit belegt China bei den Schlüsseltechnologien den fünften Platz. Wie bei der Innovationsfähigkeit verlieren die USA auch bei Schlüsseltechnologien seit 2007 sukzessive an Boden und landen aktuell nur noch auf dem zehnten Platz. Zwar konnten die USA ihre entsprechende Punktzahl halten, wurden aber zuletzt von einigen anderen Ländern überholt.

Am besten schneidet Deutschland mit Blick auf die Nachhaltigkeit ab. So belegt Deutschland derzeit hinter Dänemark und Finnland den dritten Platz im Nachhaltigkeitsindikator.

Besonders hohe Indexwerte weist Deutschland bei der staatlichen Förderung für umweltrelevante FuE, bei den Umwelteinstellungen sowie bei grünen Frühphasen-Investitionen auf, während es bei Umweltinnovationen, FuE in erneuerbaren Energien sowie Patenten etwas zurückliegt.

Die USA erreichen bisher nur bei wenigen Faktoren der Nachhaltigkeit nennenswerte Indexwerte. Sie landen insgesamt auf dem 28. Platz und damit auf einem der hinteren Ränge. Auch lässt sich für die USA beim Thema Nachhaltigkeit keine positive Tendenz erkennen. Ob der „Inflation Reduction Act“ der amerikanischen Regierung den „grünen“ Technologien in den USA neue Schubkraft verleiht, bleibt abzuwarten. China liegt beim Thema Nachhaltigkeit auf Platz 20. Eine Verbesserung der Position ab 2010 ist unübersehbar und könnte ein Effekt der zunehmenden Ausrichtung auf nachhaltige Energieversorgung und Umweltinnovationen sein. Die chinesische Regierung sieht Nachhaltigkeit nicht nur als Notwendigkeit zum Erhalt der Umwelt, sondern stets auch als Chance für wirtschaftlichen Erfolg und höhere Wettbewerbsfähigkeit.

Wie kann Deutschland innovativer werden?

Der Innovationsindikator 2023 von Roland Berger und BDI zeigt, in welchen Bereichen, insbesondere in welchen Schlüsseltechnologien, Deutschland sich im internationalen Vergleich verbessern muss und liefert damit gute und empirisch belastbare Fakten für anstehende Entscheidungen zur politischen und wirtschaftlichen Zukunft Deutschlands. Diese Zukunft kann nur gelingen, wenn Industrie und Staat, Unternehmen und Politik an einem Strang ziehen. Marktnahe Innovationen in einem geeigneten industriepolitischen Rahmen sind zusammen mit einem handlungsfähigen Staat, der die Marktkräfte aktiviert, die Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation der modernen Industriegesellschaft.

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Deutschland bleibt innovativ, aber es fehlt der Schwung

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Moderne Industriegesellschaften benötigen Innovationen, um zugleich zu wachsen und nachhaltig zu wirtschaften. Ohne radikale Transformation und konsequente Innovation können diese Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit und damit den Wohlstand ihrer Bürgerinnen und Bürger nicht bewahren.

Veröffentlicht Mai 2023. Vorhanden in
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