Professor of Business Administration at Harvard Business School Francesca Gino
Rebellen sind keine Bedrohung, sie sind ein Gewinn

Think:Act Magazin "Spielregeln für Regelbrecher"
Rebellen sind keine Bedrohung, sie sind ein Gewinn

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München Office, Zentraleuropa
10. April 2019

Es ist an der Zeit, die Konformität hinter sich zu lassen und Rebellentalente zu akzeptieren

Artikel

von Francesca Gino
Illustrationen von Sasan Pix

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"Spielregel für Regelbrecher"

Unternehmen brauchen rebellische Mitarbeiter. Denn ohne Rebellion gibt es keine Leidenschaft. Und ohne Leidenschaft gibt es keinen Erfolg.

Konformität erlernen wir sehr früh. Je älter wir werden und je weiter wir die Erfolgsleiter hinaufklettern, desto mehr benehmen wir uns genauso wie alle um uns herum. Bewusst oder nicht: Unternehmen verlangen von ihren Angestellten, inklusive ihrer Führungskräfte, einen Großteil ihrer Persönlichkeit außerhalb des Büros zu lassen. Aber dieser Zwang hat negative Auswirkungen auf Motivation, Produktivität und Innovation. Das müssen wir ändern. Wir müssen Rebellen heranziehen und selbst welche werden. Ein Rebell ist nicht jemand, der ständig für Ärger sorgt. Für mich ist ein Rebell ein positiver Nonkonformist: Sein Verhalten bringt dem Unternehmen Vorteile, indem es von dessen Normen abweicht. Effiziente Rebellen schaffen Positives und Produktives, indem sie Regeln brechen. Zu solchem Regelbrechen sollten Führungskräfte ermuntern, damit ihre Unternehmen bestehen können. An einem Arbeitsplatz, an dem wir rebellisch sein dürfen, fühlen wir uns wohl.

Rebellisch zu sein empfinden einige Menschen als unangenehm. Aber wer sich seiner rebellischen Züge bewusst wird, empfindet mit der Zeit das Unangenehme zunehmend als angenehm. Ich habe einen Test entwickelt, der das Verhalten am Arbeitsplatz und im Privaten abfragt und Menschen in vier Typen von Rebellen unterteilt. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Rebellentum: 1) das Rebellieren gegen Druck von außen, der uns in Normen presst, und 2) das Rebellieren gegen den inneren Druck, das Bequeme und Bekannte dem Abwechslungsreichen und Herausfordernden vorzuziehen.

Jede der zwei Arten von Rebellentum bringt Vorteile und Nachteile mit sich. Entscheidend ist, dass Sie Ihr Rebellenpotenzial kennen. Wer dies tut, wird sich eher der Talente bewusst, die er nicht regelmäßig nutzt.

Das ist eine Chance. Wenn Sie beispielsweise zu dem Typ gehören, dem es an Abwechslung fehlt, können Sie Strategien entwickeln, wie Sie herausfordernde Erfahrungen sammeln können, sowohl bei der Arbeit als auch im Privatleben. Fehlende Abwechslung und Herausforderungen im Job führen schnell zu Langeweile und Routine. Wenn wir Arbeit als langweilig empfinden, fehlt uns die Motivation, gute Leistungen abzuliefern; herausfordernde Aufgaben hingegen fördern die Motivation.

Über den Autor
Portrait of Francesca Gino
Francesca Gino
Gino ist eine preisgekrönte Verhaltensforscherin und Professorin an der Harvard Business School. Im Jahr 2018 erschien ihr jüngstes Buch: Rebel Talent.

Es gibt dabei drei leicht umzusetzende Vorgehensweisen. Als Vorgesetzter mögen diese Ihnen rebellisch erscheinen, aber sie werden Ihre Angestellten beeinflussen und im Idealfall sogar eine Form von positivem Rebellentum hervorbringen. Erstens: Sorgen Sie für Abwechslung. Je vielfältiger die Aufgaben sind, desto geringer ist die Gefahr, dass die Mitarbeiter in den Autopilotenmodus verfallen, und desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Ideen entwickeln, wie sie ihre Arbeit verbessern können. Versuchen Sie, dass Ihre Angestellten abwechselnd verschiedene Aufgaben übernehmen. Zweitens: Sorgen Sie für Neuerungen. Neues weckt unsere Aufmerksamkeit und führt dazu, dass wir uns besser an Dinge erinnern. Wie man das macht? Setzen Sie Leute auf ein Projekt an, das sich außerhalb ihrer Komfortzone bewegt. Oder konfrontieren Sie Ihr Team regelmäßig mit einer ganz neuen Herausforderung. Drittens: Finden Sie heraus, wo es Chancen zum Lernen oder Wachsen gibt: Wer seinen Mitarbeitern solche Erlebnisse ermöglicht, setzt Anreize für Rebellentum.

Jetzt haben Sie eine Firma voller Rebellen. Aber was tun Sie, wenn die alle zur selben Zeit rebellieren? Wer mich fragt, wie hoch der ideale Prozentsatz an Rebellen in einem Unternehmen liegen sollte, erhält die Antwort: 100 Prozent. Aber wir müssen Rebellen nicht fürchten. Angemessen eingesetzt, können sie positive Veränderungen in Unternehmen hervorbringen. Denn wer Regeln brechen darf, spürt, wie es ist, sich voll und ganz für eine Aufgabe einzusetzen. Dank dieses Engagements erzielen Rebellen höhere Leistungen, bleiben innovativ und erzielen Erfolge.

Aber was machen wir mit den gefährlichen Rebellen? Denen, die für mehr Disruption sorgen, als es guttun könnte? Ich würde versuchen, die Ursachen dafür herauszufinden. Oft treibt Frust Menschen ins Rebellentum. Versuchen Sie von ihnen zu lernen – möglicherweise steckt in ihnen das Potenzial zu Innovationen. Den inneren Rebellen herauszulassen bedeutet, den Mut zu haben, freies Denken zuzulassen. Und dieser Mut erfordert wiederum ein bisschen Rebellentum von Ihnen: Führungskräfte müssen klar vermitteln, welche Ziele und Visionen das Unternehmen verfolgt. Sie müssen klar das "Was" vermitteln. Wenn es um das "Wie" geht, sollten Sie Ihren Angestellten mehr Flexibilität zugestehen. Führungskräfte sollten es möglich machen, dass ihre Angestellten bei der Arbeit darüber nachdenken können, wie sie ein Problem angehen wollen. Befreien Sie die inneren Rebellen. Sie werden überrascht sein, was dabei zutage kommt. Und was eine Firma voller Rebellen alles erreichen kann. Ganz abgesehen davon, dass es sehr viel Spaß macht, in ihr zu arbeiten.

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Spielregeln für Regelbrecher

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Ist das Brechen der Regeln eine entscheidende Fähigkeit? Wir untersuchen, wie Menschen, die gegen Regeln verstoßen haben, die Geschäftswelt maßgeblich geprägt haben.

Veröffentlicht März 2019. Vorhanden in
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